24 Mrz

„Tragetuch & Co“ Teil 1

Tragetuch ja oder nein? Diese Frage bekomme ich in meiner Praxis sehr oft gestellt. Kürzlich hat sich folgendes Gespräch mit einer jungen Mutter ergeben:

 Anita: Ich habe von meiner Hebamme eine Tragehilfe empfohlen bekommen. Was meinen Sie dazu? Welche Tragehilfe würden Sie mir empfehlen?

Mareike Dornheim: Hm…..ich, als Kinder Physiotherapeutin stehe sowohl Tragetücher als auch alle anderen Tragehilfen eher skeptisch gegenüber.

A: Oh…! Sie sind die Erste, die ich höre, die nicht begeistert von Tragehilfen sind. Was spricht denn dagegen?

M.D.: Ich glaube, Sie können sehr lange suchen, bis Sie eine Kinder Physiotherapeutin finden, die Tragehilfen sinnvoll findet.

A: Ich sehe halt viele Mütter, die tragen. Und da dachte ich, dass ist gut?!?

M.D.: Tragehilfen sind ja auch sehr praktisch. Sie passen sehr gut in unsere schnelllebige Zeit. Wenn ich Eltern frage, wann sie Tragehilfen verwenden, erzählen sie mir: „Wenn ich die Hände frei haben möchte“. Das sind die verschiedensten Situationen zum Beispiel, wenn sie den Haushalt machen, wenn sie einkaufen oder mit dem Hund spazierengehen, wenn sie auf Festen unterwegs sind…..

A: Genau, das ist doch dann auch super!

M.D.: Stimmt! Aber bin ich dann im Kontakt mit meinem Kind? Ja, es hängt an mir, aber bedeutet Kontakt nicht etwas ganz anderes? Wenn Sie abends auf dem Sofa mit Ihrem Mann kuscheln wollen, er aber begeistert bei der Sportschau mitfiebert und, wenn es gut läuft, immer mal wieder gedankenverloren über Ihren Kopf streichelt, wie fühlt sich das an?

A: Naja, nicht so wirklich gut…

Tragehilfe: Stärkung der persönlichen Bindung?

M.D.: Befürworter der Tragehilfen argumentieren mit einer besseren Bindung. Körperberührung können „nährend“ erlebt werden, sie können ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit vermitteln und viele positive Reaktionen auslösen. Dafür brauchen aber die beiden Personen, die in Kontakt treten eine energetische Verbindung. Der Mann auf dem Sofa, der seine Frau mechanisch über den Kopf streichelt, ist nicht präsent. Es entsteht keine energetische Verbindung.

A: Das macht mich jetzt nachdenklich.

M.D.: Das freut mich. Ich finde es gut, sich darüber Gedanken zu machen, was man tut. Wenn ein Kind in der Tragehilfe ist und die Mutter den Haushalt macht, wird keine energetische Verbindung entstehen, das hat nichts mit Bindung zu tun. Dipl. Psych.Thomas Harms schreibt in seinem Buch Emotionelle Erste Hilfe „So gesehen können wir uns bei jedem körperlichen Dialog zwischen zwei Menschen die Frage stellen, ob die erfahrende körperliche Stimulation uns im Inneren bewegt oder ob sie uns kalt lässt. Oder schlimmer noch: Löst sie sogar eine Reaktion von Stress und unlustvollen Gefühlen in uns aus?“

A. Hm…, das habe ich verstanden. Vielleicht ist es besser das Baby auf dem Arm zu tragen, es anzuschauen, mit ihm zu erzählen oder zu singen.

M.D.: Ja, genau. Kinder müssen getragen werden, sanft gewiegt und präsente Eltern haben, die nicht in Gedanken ganz woanders sind. Denn Kinder haben ganz feine Antennen. Das ist für viele Eltern sehr schwierig, weil es einfach so viel zu tun gibt.

A: Naja, es gibt aber auch echt so viel zu erledigen.

M.D.: Ja, ich weiß. Aber was ist denn wirklich wichtig?

A: Das es meinem Kind gut geht!

M.D.: Genau! Die Antwort bekomme ich von allen Eltern. Und dafür brauchen Kinder Eltern, die wirklich da sind. Nicht nur körperlich! Kinder können den Galopp der Eltern nicht mitgehen. Das Leben ändert sich mit Baby komplett. Verlangsamen ist das Zauberwort für ein Leben mit Kind.

A: Verlangsamen…. das hört sich alles sehr logisch für mich an.

M.D.: Ich möchte nochmal auf die Tragehilfen zurückkommen. Mit Tragtuch und Co können Sie den Alltag eigentlich wie „mit ohne Kind“ gestalten. Sehr praktisch und passend für unsere schnelllebige Zeit.

A: Stimmt, dass es für eine gute Bindung etwas mehr braucht, darüber habe ich mir vorher gar keine Gedanken gemacht.

M.D.: Naja, es wird ja in den Medien auch nur über die positiven Eigenschaften der Tragehilfen geschrieben.

A: Gibt es denn noch mehr, was ich bedenken sollte?

M.D.: Ja, aber vielleicht reicht es für heute und bei unserem nächsten Treffen erzähle ich Ihnen mehr… Fortsetzung folgt!

A: Ok, da bin ich gespannt!

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