20 Jun

„Macht unser Essen unsere Kinder krank?“

Nach Hochrechnungen der WHO (Weltgesundheitsorganisation) werden 2030 mehr als 50% aller Europäer übergewichtig sein. Ja, Sie haben richtig gelesen, jeder zweite Europäer wird nach den Vorhersagen in 13 Jahren übergewichtig sein. Adipositas gilt als Krankheit – demnach ist dann jeder zweite Europäer krank. Dazu kommen noch Folge-  und Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes, Arthrose und vieles mehr.

Warum geht die Entwicklung in diese Richtung? Macht unser Essen dick? Oder geht es vielmehr um das Essverhalten jedes Einzelnen? Oder ist es eine Mischung aus beidem, gepaart mit chronischem Bewegungsmangel?

Eltern können schon früh die Weichen für ein gesundes Essverhalten ihrer Kinder stellen. Denn Essgewohnheiten werden maßgeblich bereits im Kindesalter geprägt. Schon Babys zeigen, wenn sie satt sind. Sie hören auf zu trinken, lassen die Brust oder den Sauger los und drehen in der Regel den Kopf weg.

Wenn Kleinkinder nicht mehr gestillt werden oder das Fläschen bekommen, sollte dies auch weiterhin so funktionieren. Wenn das Kind nichts mehr essen will, ist es in der Regel satt. Eltern sollten ihren Kindern nicht ständig etwas zu essen anbieten. Das gilt auch für gesunde Lebensmittel!

Besonders durch kohlenhydratreiche Lebensmittel wird Insulin ausgeschüttet. Und Insulin senkt nicht nur den Blutzuckerspiegel, sondern baut auch aus Kohlenhydraten Fett auf. Wenn er niedrig ist, verbrennt man Fett. Ist er hoch, wird Fett aufgebaut. Der Mensch heute isst  im Durchschnitt 7,2-mal am Tag. Dadurch bleibt der Insulinspiegel ständig hoch. Es wird kein Fett verbrannt, sondern ständig an Gewicht zugelegt.

Auch Kinder müssen nicht permanent etwas zu essen in der Hand halten – Mahlzeiten und auch Zwischenmahlzeiten sollten im Sitzen gegessen werden, idealerweise mit der ganzen Familie. Dann können Erlebnisse ausgetauscht werden, die Kinder  können sich auf das Essen konzentrieren und haben Vorbilder, die das ebenso tun. Im Kindesalter lernen wir, wie Mahlzeiten „funktionieren“.

Wenn Babys weinen oder Kleinkinder quengeln, haben sie nicht immer Hunger. Oft sind sie müde oder wollen Aufmerksamkeit. Wenn Sie stattdessen immer etwas zu essen bekommen, verknüpfen sie das auch in ihrer weiteren Entwicklung – unangenehme Situationen werden mit Essen erledigt. Essen kann unser Nervensystem wunderbar beruhigen. Doch durch dieses Verhalten kann man schon früh in einen Teufelskreis aus „Frustration wird mit Essen bekämpft“ geraten. Vielleicht essen Sie auch Schokolade aus Frust oder die Tüte Chips zur Entspannung? Beim „emotionalen Essen “ wird eher gestopft als genussvoll gegessen.

Kennen Sie solche oder ähnliche Situationen?

Theo (4 Jahre) spielt mit seinen Tieren in der Küche, während die Mutter die Spülmaschine ausräumt.
Theo:“ Mama, Mama“
Mutter: „Ich kann gerade nicht, ich räume die Spülmaschine aus.“
Theo: „Mama! Ich habe ein Haus für die Tiere gebaut.“
Mutter: „Siehst du denn nicht, dass ich gerade beschäftigt bin?“

Theo sieht das, spielt weiter, fühlt sich dabei aber nicht wirklich wohl. Die Tiere interessieren ihn nicht mehr so.

Theo: „Mama, guck doch mal!“

Die Mutter ist jetzt ein wenig genervt, sie will die Küche noch fertig aufräumen.

Mutter: „Stör mich jetzt nicht, du siehst doch, ich bin noch nicht fertig!“

Theo geht es damit nicht gut, er möchte die Aufmerksamkeit seiner Mutter. Er sucht deshalb etwas, was wichtiger ist, als die Küche aufzuräumen.

Theo: „Ich habe Hunger!“
Mutter: „Dann nimm dir etwas zu essen.“
Theo: „Darf ich einen Keks haben?“

Die Mutter geht zum Schrank nimmt einen Keks und gibt Theo einen.

Theo:  „Zwei bitte!“

Die Mutter freut sich über das “ bitte“ und gibt ihm zwei.  Ratzfatz hat Theo die Kekse verputzt. Irgendwie ist er noch nicht glücklich, aber er hat gelernt, wie er die Aufmerksamkeit seiner Mutter bekommt. Er hat Hunger!

Grundsätzlich geschieht aus dieser Situation, wenn es eine Einzelsituation bleibt, nichts Schlimmes. Wir alle essen auch mal, wenn wir keinen Hunger haben. Wenn wir ein Eis essen,  essen wir das nicht aus Hunger. Ab und zu ist das kein Problem. Wenn wir allerdings häufiger aus „emotionalem Hunger“ essen, kann das zur Adipositas führen.

Ein weiterer Punkt ist natürlich mangelnde Bewegung – ein Phänomen, das in Europa zunimmt. Die Schulwege werden viel weniger zu Fuß erledigt als noch vor ein paar Jahren, Turnunterricht und Wandertage an Schulen werden gekürzt oder gestrichen. Morgens muss es schnell gehen. Wir fahren die Kinder zur Krippe, in den Kindergarten oder die Schule.  Radfahren und Laufen sind durch Autofahren oder öffentliche Transportmittel ersetzt werden.

Kinder werden teilweise im Buggy gefahren, obwohl sie bereits laufen können oder sie dürfen auf dem Buggyboard mitfahren. Das ist natürlich praktisch, weil sie nicht dauernd stehen bleiben, um sich irgendetwas anzugucken oder sogar in die “ falsche“ Richtung laufen. Doch wir tun damit unseren Kindern nichts Gutes!

Versuchen Sie, Gehen, Laufen und Radfahren wieder in den Alltag einzubinden. Gehen Sie mit Ihrem Kind über die Treppe, auch wenn es einen Aufzug gibt. Steigen Sie mal eine Busstation früher aus und gehen Sie mit Ihrem Kind ein Stück! Lassen Sie das Auto ab und an in der Garage – ersetzen Sie kurze Wege durch eine Fahrt mit dem Fahrrad. So bleiben wir alle in Bewegung und sehen die Stadt, das Dorf, unseren Wohnort auch wieder einmal aus einem anderen Blickwinkel!

Wieviel Schritte haben Sie heute gemacht? Kinder lernen durch Vorbilder. Und Übung macht den Meister!

Hier geht’s zum Leitfaden!